Gelungene Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur

Wie Kunst und Kultur abseits von monetärer Förderung unterstützt werden kann. Kunst und Kultur dienen der Unterhaltung, aber auch der Bildung und der Weiterentwicklung der Gesellschaft. Gerade am Land sind Kulturstätten oft Zentren von sozialem Austausch und Teilhabe. Niederschwellige Kulturangebote wirken der Vereinsamung im Alter ebenso entgegen wie der Abwanderung der Jugend. Schließlich ziehen sie noch auswärtige Besuchende an. Um Kunst- und Kulturarbeit zu ermöglichen und nachhaltig zu stärken, braucht es mehr als monetäre Zuwendungen – gelungene Rahmenbedingungen sind entscheidend.

IG KiKK Symposium "Kultur muss wachsen/naj raste kultura" anlässlich des Schwerpunktjahres für freie Kulturinitiativen 2016 im Landhaushof.

Dieser Artikel wurde in gekürzter Form in der 48. Ausgabe der Kärntner Kunst- und Kulturzeitschrift BRÜCKE erstveröffentlicht.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Kunst und Kultur als Spiegel der Gesellschaft haben durch ihren Bildungscharakter und ihre Partizipationsmöglichkeiten eine große Bedeutung für demokratische Prozesse. Dies muss von Verantwortlichen erkannt, vertreten und vermittelt werden. Kulturarbeit braucht stabile Rahmenbedingungen und eine unterstützende Gesetzgebung, die Kunst- und Kulturarbeit ermöglicht und nicht behindert. 

Aktuell braucht es klare Regelungen zum Schutz des Ehrenamtes und zur Abgrenzung zum Arbeitsrecht. Bei Lärmklagen sollte sich die Politik schützend vor Kultureinrichtungen stellen. Das Veranstaltungsverbot am Karfreitag muss in Kärnten/Koroška abgeschafft werden. Eine landesweite Regelung zur Befreiung von der Zweitwohnsitzabgabe für Künstler:innen ist wünschenswert.

Förderstrukturen und -verfahren

Um Kunst und Kultur zu ermöglichen, braucht es vor allem klare Förderstrukturen und -kriterien. Information über Kulturförderung muss leicht zugänglich und Anträge einfach gestaltet sein. Eine Anleitung zum Ausfüllen und weiterführende Unterstützung helfen.
Es sollte besser über die Möglichkeiten von Sachleistungen informiert werden, z.B. die Bereitstellung von Infrastruktur (Bauhofpersonal und Material wie Sitzgelegenheiten, (Leer-)Räume).

Eine der größten Herausforderungen für Kulturinitiativen ist die Planungssicherheit. Rechtzeitige Förderzusagen und Auszahlungen, ergänzt durch mehrjährige Förderverträge, ermöglichen den Kulturinitiativen, langfristig zu planen und ressourcenschonend zu arbeiten. Inhaltliche Rückmeldungen zu Anträgen sind unerlässlich, um das Förderverfahren fair und transparent zu gestalten. Umwidmungen sollten einfach gehalten und Verschiebungen grundsätzlich gewährt werden. Solange Kulturhäuser nicht ausfinanziert sind und auf die Einnahme durch Vermietung angewiesen sind, sollte das Verbot der „Doppelförderung“ beendet werden.

Feministische, queere oder slowenische Projekte sollten nicht anderen Ressorts zugeordnet werden. Menschen außerhalb der cis-hetero-weißen Norm haben oft weniger künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten und Sichtbarkeit. Hier ist eine gleichberechtigte Förderung notwendig.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Soziale Sicherheit ist entscheidend, damit Menschen auch in Kunst und Kultur langfristig arbeiten können. Die Beschäftigungssituation im Kultursektor ist atypisch und prekär, die Folge sind oft schwer zu überbrückende Unterbrechungen in der Sozialversicherung und fehlende Beitragsmonate für die Pensionsversicherung, was wiederum das Risiko der Altersarmut birgt. Das Sozialversicherungssystem muss die Arbeitsrealitäten anerkennen und soziale Absicherung für alle bieten, nicht nur für Vollzeitangestellte.

Die häufige Querfinanzierung von Arbeitsplätzen über Projekte führt zu Mehrarbeit und unfreiwilliger unbezahlter Tätigkeit. Der Förderfokus auf ganzjährige Strukturförderung ermöglicht langfristige Arbeitsplätze und finanziert die administrative Arbeit rund um Förderanträge, was die Arbeitsbedingungen verbessert. Konzeptentwicklung und Förderabwicklung sollten grundsätzlich förderbar sein.

Viele Förderungen werden an quantitativen Kriterien wie der Anzahl von Veranstaltungen oder Besuchendenzahlen gemessen. Ziel sollte eine kontinuierliche Arbeit ohne Überlebensängste sein. Stipendien und mehrstufige Fördercalls, die nicht auf eine konkrete Leistung, sondern auf den künstlerischen Prozess abzielen, verschieben den Fokus weg vom Output hin zum Input. Dies ermöglicht den künstlerisch Tätigen, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, kreativ zu werden und wirkt der Überarbeitung entgegen.

Nachwuchsarbeit

So wie Musikschulen in allen Gemeinden zum musikalischen Nachwuchs beitragen, sollten auch Angebote in anderen Kunstsparten entsprechend ausgebaut werden. Kulturelle Angebote für Kinder, sowohl kreatives Arbeiten in der Schule als auch Besuche von Kulturveranstaltungen, wecken das Interesse an und das Verständnis für Kunst und Kultur.

Räume und Infrastruktur

Kulturinitiativen brauchen Räume für ihre Arbeit. Leistbare Büro-, Probe- und Lagerräume in öffentlichen Gebäuden könnten hier Abhilfe schaffen. Auch der Zugang zu öffentlichen Räumen und Plätzen sollte erleichtert werden. Eine Leerstanderhebung und -abgabe könnte den Zugang zu privaten Räumen erleichtern und Leerstand verringern.
In Zusammenarbeit von Land und Gemeinden könnten geeignete Räumlichkeiten, insbesondere für Veranstaltungsorte für 150 bis 300 Personen, aufgetan und finanziert werden, um Kulturarbeit zu ermöglichen und der Bevölkerung in allen Regionen in Kärnten/Koroška Kulturveranstaltungen bieten zu können.

Um Kulturarbeit bzw. den Veranstaltungsbesuch überhaupt erst zu ermöglichen, bedarf es insbesondere auch abends ausreichender Kinderbetreuung und öffentlicher Verkehrsmittel, auch für „die letzte Meile“.

Sichtbarkeit und Synergien

Kulturtätige und Kunstproduzierende brauchen ein Gegenüber, das die Bedeutung von Kunst und Kultur für die Gesellschaft versteht. Kulturverantwortliche haben die Aufgabe, auf politischer Ebene ein Verständnis für die Bedürfnisse in diesen Bereichen zu schaffen. Kulturelle Angebote sind oft ausschlaggebend für den Besuch von Auswärtigen, die Ansiedelung von Betrieben und stärken dadurch die Region. Hier braucht es auch die Kulturverantwortlichen in der Politik, um Synergien mit dem Tourismus- und Wirtschaftssektor zu stärken. Schließlich braucht es auch freie und starke Medien, um Kunst und Kultur sichtbar zu machen und gleichzeitig ihren Wert und ihre Notwendigkeit für die Gesellschaft zu vermitteln.

Ein kärntenweiter Veranstaltungskalender in Kooperation mit Tourismus, Städten, Gemeinden, der benutzerfreundlich ist und automatisiert verbreitet wird, könnte die Sichtbarkeit von Kulturveranstaltungen erhöhen. Die Nutzung von Personal der öffentlichen Hand zur Bewerbung der freien Szene, z.B. durch Social Media und Öffentlichkeitsarbeit, könnte entlasten. Kommunen könnten einen Teil ihres Werbekontingents der freien Szene zur Verfügung stellen.

Durch diese Maßnahmen können Kunst und Kultur in Kärnten/Koroška nachhaltig gestärkt werden. Damit wird nicht nur deren Wertschätzung zum Ausdruck gebracht, sondern es wird auch in die Lebensqualität aller investiert. Kunst und Kultur sind aber auch Arbeit, die – selbst bei besten Rahmenbedingungen – entsprechend entlohnt werden muss.

Elena Stoißer leitet seit 2019 das Büro der IG KiKK – Interessensgemeinschaft der Kulturinitiativen in Kärnten | Koroška.

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