Ehrenamt und Gemeinnützigkeit – Was Vereine jetzt wissen und beachten sollten
Die aktuellen Entwicklungen rund um das Festival und den Kulturverein Acoustic Lakeside werfen wichtige Fragen für alle Kulturinitiativen auf, die mit freiwilligem Engagement arbeiten. Die Entscheidung des Gerichts zeigt, wie anspruchsvoll das Ehrenamt in der Praxis trotz seiner immensen Bedeutung für Kulturarbeit ist. In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Verfahren, Empfehlungen für die Vereinsarbeit sowie aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen zum Thema Ehrenamt und Gemeinnützigkeit zusammen.

Der Fall Acoustic Lakeside und seine Folgen für die Praxis
Hintergrund:
Nach einer Kontrolle der Finanzpolizei beim Festival Acoustic Lakeside 2023 wurde dem Kulturverein eine möglichen Strafzahlung von rund 144.000 € angedroht, da aus Sicht der Behörde die 192 ehrenamtlich Helfenden bei der ÖGK hätten angemeldet werden müssen. Die Strafsumme wurde von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt um die Hälfte reduziert, da der Verein kooperationswillig und unbescholten war. Dennoch sah sich der Verein Acoustic Lakeside im Recht und ist vor das Landesverwaltungsgericht gegangen, das eine Teilerkenntnis gesprochen hat. Inzwischen ist klar, dass der Fall bis vor den Obersten Gerichtshof geht, dennoch hat das Teilerkenntnis wesentliche Informationen geliefert.
Ergebnisse des Verfahrens:
In zwölf Fällen wurde bestätigt, dass die Helfertätigkeit als ehrenamtlich anzusehen ist, da ein ideelles Motiv (Gemeinwohl, Vereinsunterstützung) überwogen hat.
In zwei Fällen – insbesondere bei Tätigkeiten im gastronomischen Bereich und bei fehlender ideeller Bindung – wurde das Vorliegen eines Dienstverhältnisses festgestellt. Die Mindeststrafe in diesen beiden Fällen wurde mit gesamt 1.500 € belegt.
Das Gericht betont: „Ehrenamt“ muss nachweislich freiwillig, unbezahlt und aus ideellen Gründen erfolgen und einer Einzelfallprüfung stand halten!
Schlüsselfaktoren für die Beurteilung der Ehrenamtlichkeit:
Schriftliche Vereinbarung zur Unentgeltlichkeit muss vorliegen.
Motivation zur freiwilligen, unbezahlten Tätigkeit muss nachvollziehbar sein.
Keine Sachzuwendungen (z. B. Einlassbänder), sofern diese nicht für alle Vereinsmitglieder gleichermaßen zur Verfügung stehen. Erhalten ehrenamtlich Tätige auch außerhalb ihrer Arbeitszeit Zutritt zu kostenpflichtigen Veranstaltungen, kann dies ansonsten als Sachbezug gewertet werden.
Verpflegung muss eine freiwillige Leistung des Vereins sein und darf nicht als Gegenleistung für die ehrenamtliche Tätigkeit angeboten werden. Bons zur Verpflegung dürfen laut neuer Vereinsrichtlinie keinen Geldwert beziffern, andernfalls wäre es als Entgelt zu werten. Empfehlung: “Gutschein für 1 Getränk / Essen"
Auch wenn es eine telefonische Rückmeldung der ÖGK gab, dass „alles passe“, stellte das Gericht klar: Es braucht eine Einzelfallprüfung. Die Verantwortung liegt beim Vereinsvorstand!
Empfehlung: Wollt ihr euren Ehrenamtlichen eine „Aufwandsentschädigung“ zukommen lassen, macht dies über die neue Freiwilligenpauschale.

Die Wichtigkeit der Statutenprüfung im Zusammenhang mit der Gemeinnützigkeit
Bedeutung der Statuten:
Um als gemeinnützig zu gelten und von steuerlichen Begünstigungen zu profitieren, müssen die Vereinsstatuten rechtskonform und aktuell sein. Dazu sollten diese regelmäßig überprüft und angepasst werden. Falls die Statuten bereits länger nicht aktualisiert wurden, empfehlen wir dringend eine Prüfung. Mitglieder der IG KiKK haben die Möglichkeit, eine Statutenprüfung bei der IG KiKK in Anspruch zu nehmen. Auch über die Plattform gemeinnützig.at ist eine kostenlose Prüfung möglich.
Warum ist das wichtig?
- Gesetzeslagen ändern sich regelmäßig
- Unklare oder veraltete Statuten können zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen!
Bitte informiert uns, wenn sich bei euch am Status der Gemeinnützigkeit etwas ändert! Dies kann Auswirkungen auf eure Mitgliedschaft bei uns haben und auch unsere Gemeinnützigkeit gefährden![IG KiKK1]
Voraussetzungen und Anforderungen für das Ehrenamt
Vertragliche Absicherung:
Schließt unbedingt eine schriftliche Ehrenamtsvereinbarung ab, in der die Unentgeltlichkeit eindeutig festgelegt wird: Ehrenamtsvereinbahrung (Muster)
Prüfung der ehrenamtlichen Tätigkeit:
Es muss sichergestellt werden, dass die Tätigkeit freiwillig, unbezahlt und ohne Arbeitsverpflichtung erfolgt, z.B. Zuteilung zu gewissen Arbeitszeiten ohne Möglichkeit zur Vertretung. Die Motivation für das ehrenamtliche Engagement muss nachvollziehbar sein (ideelle Verbundenheit, Freude an der Gemeinschaft…). Eine fehlende Vereinsmitgliedschaft erschwert die Glaubwürdigkeit für einen „Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst“ (=Ehrenamt). Helfer:innen sollten auch den Vereinszweck und -namen kennen. Ein Näheverhältnis zum Vorstand ist vorteilhaft. Wir empfehlen, diese Motivation schriftlich der Vereinbarung zur Unentgeltlichkeit beizulegen.
Mitgliederverwaltung:
Sorgt für eine ordentliche und nachvollziehbare Verwaltung eurer Mitglieder, um die Voraussetzungen des Ehrenamts zu belegen. Es muss nachvollziehbar sein, welche Person zu welchem Zeitpunkt Vereinsmitglied ist.

Freiwilligenpauschale
Neu seit 2024: Für Entschädigungen im Ehrenamt gilt ausschließlich das Freiwilligenpauschale – die pauschale Auszahlung von 75 € pro Monat, die es früher gab, wurde dadurch ersetzt. Bei Einhaltung der Höchstgrenzen (pro Tag/pro Jahr) sind weiter steuerfreie Auszahlungen möglich, jedoch können keine zusätzlichen Reisekosten pauschal abgerechnet werden.
Voraussetzung: Hierfür müssen Vereine entsprechende Aufzeichnungen über die ehrenamtliche Tätigkeit der einzelnen Personen führen, inklusive Namen, Datum, Tätigkeit und die jeweilige Pauschalierung führen, um am Jahresende die Auszahlung durchführen zu können. Mustervorlage Beleg Freiwilligenpauschale
Ersatz von Spesen und Kosten
In der Praxis problematisch ist, wenn Reisekosten ersetzt und zeitgleich ein steuerfreies Freiwilligenpauschale ausbezahlt werden soll. Pauschale Reisekostenersätze zusätzlich zur Auszahlung eines Freiwilligenpauschales für denselben Tag sind nicht möglich. Zu pauschalen Reisekostenersätzen zählen beispielsweise Kilometergeld oder pauschale Beförderungskostenzuschläge (wie sie etwa in der Reisegebührenvorschrift 1955 geregelt sind). Werden diese dennoch zusätzlich zu einem Freiwilligenpauschale ausbezahlt sind diese als Teil des Freiwilligenpauschale zu betrachten und bei Überschreiten der täglichen Höchstgrenze entsprechend vom Verein an das BMF zu melden bzw. der den Höchstbetrag übersteigende Betrag von der empfangenden Person zu versteuern (als Teil der Sonstigen Einkünfte). Ob tageweise gewählt werden kann, wie dies nach Ansicht des BMF für Sportvereine möglich ist, bedarf einer Klarstellung durch das BMF.
Ob ein Auslagenersatz für tatsächliche nachgewiesene Kosten, z.B. Zugtickets, bei zeitgleicher Auszahlung des Pauschales möglich ist, ist aktuell nicht eindeutig geklärt, da das BMF in seiner Beantwortung "Auslagenersatz" und "pauschalen Aufwandsersatz" vermischt. Bis zur Klarstellung wird empfohlen, Rechnungsbelege nach Möglichkeit auf den Namen des Vereins auszustellen. In der Praxis wird dies, etwa bei Zugtickets, jedoch in den seltensten Fällen möglich sein.
Nützliche Links
Basiswissen Ehrenamt, Werkvertrag & Anstellungen (IG Kultur Österreich)
Freiwilligenpauschale (IG Kultur Österreich)
Alles über Freiwilligenarbeit in Österreich (freiwillig engagiert)
Basiswissen für Kulturvereine als Auftraggebende (IG Kultur)
Merkblatt der ÖGK zu Tätigkeiten bei Vereinsfesten (ÖGK)
Möglichkeiten der (finanziellen) Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeit (IG Kultur)
Links zum Statutencheck
Downloads
Kulturverein gründen und betreiben
Musterverträge und Vorlagen für Vereine als Arbeit- und Auftraggeber