Reise zu den Kulturstrategien | Potovanje k kulturnim strategijam

Kulturstrategien sind gerade in aller Munde. Einige österreichische Länder und Städte sind nämlich aktuell im Prozess, ihre Kulturentwicklung zu planen oder haben bereits eine Strategie erarbeitet, die es nun umzusetzen gilt. Kärnten | Koroška befindet sich Mitten in der partizipativen Erarbeitungsphase. In der aktuellen Sendung widmen wir uns der Funktion einer Kulturstrategie, dem aktuellen Stand der "Kunst- und Kulturstrategie Kärnten Koroška 2030" und der "KEP3" in Linz und werfen ein Auge auf die kulturpolitisch brisante Situation in der Steiermark | Štajerska.

Kulturstrategien sind gerade in aller Munde. Einige österreichische Länder und Städte sind nämlich aktuell im Prozess, ihre Kulturentwicklung zu planen oder haben bereits eine Strategie erarbeitet, die es nun umzusetzen gilt. Kärnten/Koroška befindet sich Mitten in der partizipativen Erarbeitungsphase. In der aktuellen Sendung widmen wir uns der Funktion einer Kulturstrategie, dem aktuellen Stand der "Kunst- und Kulturstrategie Kärnten Koroška 2030" und der "KEP3" in Linz und werfen ein Auge auf die kulturpolitisch brisante Situation in der Steiermark | Štajerska.

Episode 38: 
1.4.2024

KIKK OFF za kulturo
Die kulturpolitische Radiosendung der IG KiKK
Jeden ersten Sonntag im Monat um 19:30 Uhr auf Radio Agora 105|5

Kulturne strategije so trenutno vroča tema. Nekatere avstrijske dežele in mesta so namreč v procesu načrtovanja svojega kulturnega razvoja ali pa so že razvile strategijo, ki jo zdaj uresničujejo. Koroška je sredi participativne faze oblikovanja strategije. V tokratni oddaji se posvečamo funkciji kulturne strategije, trenutnemu stanju "Umetniške in kulturne strategije Koroška Kärnten 2030" ter "KEP3" mesta Linz, hkrati pa bomo osvetlili tudi kulturnopolitično napeto situacijo na Štajerskem. 

Epizoda 38: 
1.4.2024

KIKK OFF za kulturo
Kulturno-politična radijska oddaja IG KiKK
Vsako prvo nedeljo v mesecu, ob 19:30 uri na Radiu Agora 105|5

 

Kulturstrategie als Gesellschaftspolitik: Drei Bundesländer im kulturpolitischen Spiegel

Zwischen programmatischem Anspruch und struktureller Wirklichkeit – Ein Blick auf Linz, Kärnten und die Steiermark

Von vielen unbemerkt, doch von gewichtiger Bedeutung, vollzieht sich in der österreichischen Kulturpolitik ein Wandel: Kulturentwicklungspläne und Kulturstrategien avancieren zunehmend zu Schlüsselinstrumenten gesellschaftlicher Gestaltung. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Förderrichtlinien oder Projektfinanzierungen – es geht um die Frage, welche Rolle Kultur in der Zukunft unserer Städte und Regionen spielen soll. Drei aktuelle Prozesse in Linz, Kärnten und der Steiermark geben in dieser Radiosendung Aufschluss über Chancen, Brüche und den Bedarf nach einer Demokratisierung von Kulturpolitik.

Kulturstrategie als Ausdruck gesellschaftlicher Selbstvergewisserung

In einer Zeit multipler Krisen – sozial, ökologisch, demokratisch – stellt sich die Frage nach der kulturellen Verfasstheit unserer Gesellschaft mit neuer Dringlichkeit. Kulturstrategien antworten darauf mit dem Versuch, langfristige Perspektiven zu entwerfen, partizipative Prozesse zu institutionalisieren und Kultur als öffentliches Gut zu verteidigen. Der Kulturarbeiter Thomas Philipp formuliert es prägnant: „Kulturstrategie ist heute Stadt- oder Regionalentwicklung.“

Dieser Satz verweist auf die Verknüpfungen und Intersektionen gesellschaftlicher Entwicklung: Kultur ist kein isoliertes Feld. Sie ist verknüpft mit Bildung, sozialer Kohäsion, ökologischer Transformation und demokratischer Teilhabe. Wer über Kulturpolitik spricht, spricht über Gesellschaft.

Linz: Demokratische Verfahren als Haltung

Linz, traditionell kulturpolitisch innovativ, hat sich bereits im Jahr 2000 erstmals einen Kulturentwicklungsplan gegeben. Der aktuelle Prozess zur dritten Strategie (KEP3.0) folgt einer klaren Dramaturgie: Zunächst werden Grundlagen erhoben und analysiert, sodann findet eine breite partizipative Phase statt, ehe politisch entschieden wird. Der Anspruch: nicht nur bestehende Kulturakteur:innen einzubinden, sondern auch jene Gruppen, die bislang wenig Gehör fanden.

Im Zentrum steht die Frage nach Fairness, Sichtbarkeit und Zugänglichkeit. Themen wie „Fair Pay“, kulturelle Bildung oder die Rolle der Freien Szene werden nicht verwaltet, sondern verhandelt – mit offenem Ausgang. Der Prozess ist Ausdruck einer Haltung, die Kulturpolitik nicht als Steuerung, sondern als Moderation versteht.

Kärnten: Zwischen Diversität und Ressourcenknappheit

Auch Kärnten | Koroška hat sich auf den Weg gemacht: Die Kunst- und Kulturstrategie 2030 befindet sich in Entwicklung, mit dem Ziel, bis Sommer 2025 konkrete Maßnahmen vorzulegen. Besonders bemerkenswert ist die Öffnung des Prozesses: Nicht nur Kunst- und Kulturschaffende, sondern auch Vertreter:innen aus Tourismus, Wirtschaft, Bildung und Religion wurden frühzeitig eingebunden. Das verweist auf ein kulturpolitisches Verständnis, das Kultur als gesellschaftliches Bindemittel denkt.

Elena Stoisser von der IG KiKK betont die Bedeutung der kulturellen Vielfalt gerade im ländlichen Raum – dort, wo Kulturarbeit oft das soziale Gefüge stärkt. Doch es mangelt an Ressourcen. Förderkürzungen auf Bundes- und Landesebene drohen, die Strategie zur Rhetorik verkommen zu lassen. „Eine Strategie ist nichts wert, wenn es an Umsetzungsmitteln fehlt“, so Stoisser. Was hier gefordert ist, ist nicht nur finanzielle, sondern auch politische Verantwortung.

Steiermark: Partizipation ohne Konsequenz?

Die Steiermark hat mit der Kulturstrategie 2030 einen bemerkenswert breit angelegten Prozess durchgeführt: Über 600 Personen nahmen daran teil. Die Strategie liegt seit 2024 vor – und droht dennoch, folgenlos zu bleiben. Die aktuelle Landesregierung hat zentrale Errungenschaften der Strategie, etwa die integrative Betrachtung von Volkskultur, Soziokultur und freier Szene, wieder zurückgenommen. Die Zuständigkeiten wurden fragmentiert, Förderlogiken verändert, Querschnittsthemen marginalisiert.

Lidija Krienzer-Radojević von der IG Kultur Steiermark spricht von einem „blinden Fleck“ auf kommunaler Ebene: Gemeinden, oft unterfinanziert, ziehen sich aus der Mitverantwortung zurück. Das Ergebnis ist eine Kluft zwischen strategischem Anspruch und realpolitischer Wirklichkeit. Die Strategie selbst wird erneut hinterfragt – ein kulturpolitischer Zynismus, der Partizipation zur Farce werden lässt.

Kulturpolitik als Frage der Demokratie

Was lernen wir aus diesen drei Prozessen? Erstens: Kulturstrategien sind heute Indikatoren für die demokratische Reife einer Gesellschaft. Sie zeigen, wie ernst es Politik und Verwaltung mit Teilhabe, Transparenz und kultureller Gerechtigkeit ist. Zweitens: Ohne Ressourcen und Verbindlichkeit bleiben selbst ambitionierte Strategien folgenlos. Drittens: Es braucht Mut – politischen wie kulturellen –, um Kultur nicht als dekoratives Feigenblatt, sondern als zivilgesellschaftliche Ressource zu denken.

Die Zukunft der Kulturpolitik entscheidet sich nicht allein in Strategiepapieren, sondern in der Frage, ob wir Kultur weiterhin als Gemeingut begreifen wollen – als Raum der Reflexion, des Konflikts, des Zusammenkommens. Kulturstrategien können hierfür Wegweiser sein. Doch sie bleiben wirkungslos, wenn der Wille fehlt, ihnen zu folgen.